Aus der Festschrift zur feierlichen Wiedereröffnung des Seniorenheimes
nach der Sanierung am 8. Juli 1994

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Aber nicht nur für das geistliche und leibliche Wohl der Spitalbewohner sorgte das Stifterpaar, sondern es bedachte in seiner Großherzigkeit auch andere soziale Einrichtungen, sowie die Armen in der Stadt. Vierteljährlich - an den Quatembertagen - mußten aus dem Stiftungsvermögen tausend Brote gebacken und an arme Leute verteilt werden. Wenn von dieser Spende noch Brot übrig bleibe, dann solle man es im Spital am Rindermarkt und im "Spital über der Brück" (= St. Gertraud) und an die Bewohner des Siechenkobels vor der Stadt (= St. Ägidius) verteilen.

Besonders vermerkt sei hier die Verfügung, daß aus dem Stiftungsvermögen alle Jahre hunderttausend große Oblaten und fünfzigtausend kleine Formen für den heiligen Gottleichnam unseres Herrn für alle Stätten im Bistum, wo man ihrer zum Gottesdienst bedarf und die sie "anfordern" gebacken werden sollen. Gundacker hatte damit für umgerechnet etwa 300 Priester und für die von diesen betreuten Laien, die jährlich nur ein- oder zweimal kommunizierten, die erforderlichen Hostien gestiftet. Dies war etwa der Bedarf für das ganze Hochstift Passau.

Im Keller der beiden gestifteten Häuser im Bratfischwinkel sollten je eine Herberge für Männer und Frauen getrennt mit jeweils 13 Betten für arme Pilger eingerichtet werden. Der Pfleger vom Heiligengeist soll die Strohbetten aufbessern, sooft dies notwendig ist.

Urban Gundacker hatte auch bestimmt, daß nach seinem Tode seine Frau Plektraud Pflegerin des Stiftes mit allen Rechten und Pflichten sein soll; wenn sie jedoch wieder heiraten sollte, würde ihr nur ihr Leibgeding verbleiben, auf die Besitzungen des Stiftes aber hätte sie kein Anrecht. Ein Teil des Stifterwillens aber kam nicht zur Ausführung oder hatte nur sehr kurzen Bestand: Gundacker bestimmte nämlich, daß meine Hausfrau ob sie beim Heiligen Geist bleibt oder wer auch Pfleger nach uns wird, zwölf armen Witwen und Jungfrauen, die ledig seien und durch Gott die Pfründ erbitten . . . in unser Haus, wo wir selbst wohnen, aufnehmen und denen die Pfründ geben . . . Von einer Wohnstätte für arme Frauen ist uns jedoch im Zusammenhang mit der Heiliggeist-Stiftung nichts überliefert.

Soweit die Stiftungen nicht schon früher vollzogen waren, traten diese wohl nach dem Tode Gundackers 1364 mit der Erfüllung des Testamentes in Kraft.

Wer war dieser Urban Gundacker, der sich als einer der größten Wohltäter in der Geschichte Passaus erwiesen hatte? Er gehörte einer der ältesten nachweisbaren Passauer Bürgersfamilien an, die jedoch mit ihm und seinen Brüdern in der männlichen Linie ausgestorben ist. Schon im 10. Jahrhundert taucht der Name auf. Urbans Vater Johannes Gundacker zählte zu den einflußreichsten Bürgern der Bischofsstadt um 1300. Ab 1293 ist er als Stadtrichter und ab 1298 als Münzmeister nachweisbar. Damit hatte er die höchsten und wohl aus einträglichsten Ämter innerhalb der Stadt inne, denn als Stadtrichter war er der Stellvertreter des Fürstbischofs gegenüber der Bürgerschaft in allen politischen Angelegenheiten. Als 1298 die Bürger sich gegen ihren Fürsten Bernhard vom Prambach (1285-1313) erhoben, fügten sie auch dessen höchstem Beamten empfindlichen Schaden zu, denn nach Niederschlagung des Aufstandes wurden die Aufständischen verurteilt, dem Stadtrichter Sühne für angerichteten Schaden zu leisten. Es wird von einer schier unglaublich hohen Summe von 1200 Pfund Passauer Pfennig7 berichtet, die an Lichtmeß bzw. Ostern zu entrichten waren.

Urban Gundacker wurde Nachfolger seines Vaters in den hohen Ämtern als Stadtrichter (urk. 1328) und Münzmeister (nach 1347) und hatte wohl auch dessen umfangreiche Besitzungen geerbt. Die Herkunft seiner Ehefrau Plektraud sowie deren Lebensdaten sind nicht bekannt. Die Ehe blieb kinderlos, weshalb das ganze Vermögen testamentarisch in die genannte Stiftung gegeben wurde.

Vielleicht war jener Wilhelm Gundacker, der bei Fürstbischof Gottfried von Weisseneck (1342-1362) in Diensten stand, ein Bruder, dessen Vorname nicht bekannt ist, er war ab 1324 Domherr in Passau und in dieser Eigenschaft nacheinander Stadtpfarrer in St. Paul, Dompfarrer und Scholastikus Gründung des Heiliggeistspitals von 1347 erscheint er als Domdekan, ebenso wie auf dem Grabstein in der Ortenburgkapelle am Dom, der als Todesdatum den 7. Juli 1366 aufweist8. Eine Schwester des Urban Gundacker, deren Taufname ebenfalls nicht bekannt ist, hatte in Passau ein Haus, das sie der Stiftung ihres Bruders einverleibte. In der Urkunde von 1358 heißt es: Wir geben auch dazu unsern Gasten, der neben dem Haus unserer Schwester gelegen ist und auch das Haus unserer Schwester mitsamt dem Baumgarten, das sie selbst dem Stift gegeben hat, doch selbst noch nutzt, so lange sie lebt. Ihr Sohn Andreas genannt "von Urfar" war ab 1347 der erste Benefiziat an der Heiliggeistkirche9.

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Seniorenheim der Bürgerlichen Heiliggeist-Stiftung Passau. Festschrift zur feierlichen Wiedereröffnung des Seniorenheimes nach der Sanierung am 08. Juli 1994. Bildnachweis: Stadt Passau, Abb. 1; Franz Mader, Passau, Abb. 2, 3; Herausgeber: Stadt Passau, Redaktion: Büro für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Unterverzeichnis:

Grußwort Dr. Edmund Stoiber

Grußwort Dr. Gebhard Glück

Grußwort Willi Schmöller

Grußwort Anna Penzkofer

Geschichte der Hl.-Geist-Stiftung, Franz Mader

Denkmalpflege bei der Sanierung, Dr. Ing. Mathias Ueblacker

Leben und Wohnen im Altenheim, Joachim Berga

Architektur und Bauabwicklung, Hannes Schaudinn u.
Walter Schwetz

Planungs- und Baudaten,
Johann Freund

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Leonhard Abent: Kupferstich von 1576 mit einem Verweis auf des Heiliggeist-Stift in der Bildlegende
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Bestätigungsurkunde für die Gründung des Heiliggeist-Spitals von 1347
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Gedenkstein mit Wappen des Stifters Urban Gundacker