Aus der Festschrift zur feierlichen Wiedereröffnung des Seniorenheimes nach der Sanierung am 8. Juli 1994
Urban Gundacker ist 1364 verstorben. Am vorderen Pfeiler der von ihm gestifteten Kirche wurde ein erst um 1600 gemeißelter Gedenkstein eingemauert, der das Familienwappen zeigt und die Inschrift trägt: Urban Gundackher der erst Stifter 1364. Der Original-Grabstein befand sich nach Erhard10 ehemals auf dem Fußboden der Kirche neben dem Eingang. Er ist nicht mehr vorhanden. Der Hinweis bei Oswald11, daß er in den zwanziger Jahren nach dem Oberhaus verbracht worden sei, ist nicht zu belegen; im Kircheninventar von 1919 ist er nicht erwähnt. Der Stiftung stand jeweils ein vom Fürstbischof berufener Stiftspfleger (auch "Spitalmeister" genannt) vor, der immer auch Ratsbürger war. Dazu gab es auch einen "Stiftsschreiber". Zur Betreuung der Pfründner waren ein oder mehrere "Knechte" bestellt, die das Haus zu versorgen hatten. Es war wohl weitgehend eine Männerwirtschaft, denn von "Mägden" oder sonstigem weiblichem Personal ist nichts berichtet, außer dem Hinweis in der Stiftungsurkunde: Sie sollen auch haben .. . eine Frau, wenn sie ihrer wegen Krankheit bedürfen und Not geschieht.
Trotz der ungewöhnlich, fast verschwenderisch reichen Dotierung hätte die Stiftung Gundackers die Jahrhunderte hätte, die sich ihrer sozialen Verpflichtung den Armen gegenüber bewußt, ebenfalls Güter zum Erhalt und Ausbau der Stiftung gegeben hätten. So kann der 1422 verstorbene Ratsbürger und Spitalmeister Wenzl Gerhardt mit Fug und Recht als zweiter Stifter des Heiliggeistspitals bezeichnet werden. Er erweiterte die Spitalkirche um einen etwa gleichgroßen Anbau und ließ den dadurch entstandenen zwei Schiffen des Langhauses noch einen kleinen Altarraum nach Osten anfügen. Dazu stiftete er auch eine Messeleser-Pfründe. Sein Grabstein ist in der Kirche erhalten. Testamentarisch vermachte er dem Stift folgende Liegenschaften und Kapitalien: einen Weinberg zu Stratzing bei Krems, zwei Güter in Schardenberg und verschiedene Zehenten in der Gegend um Schärding, eine Mühle mit Sägebetrieb am Mühlbach in der Innstadt, eine Insel in der Donau bei Pyrawang und "ewige Grundrechte" auf verschiedene Häuser in der Stadt. Außerdem bedachte er, ähnlich wie sein Vorbild Gundacker, daß man zu bestimmten Zeiten an arme Leute in der Stadt Brot und Wein verteilen solle.
Zustiftungen zur Heiliggeistkirche sind uns außerdem überliefert: 1467 durch Stiftspfleger Leonhard Peugel und 1513 durch Domvikar Andreas Endl, dem Bruder des Bürgermeisters Jakob Endl. Verbunden mit diesen Meßstiftungen war wohl auch die Ausstattung der Kirche mit Altären, Bildern und Figuren, von denen sich nur noch weniges erhalten hat. Verlorengegangen sind die spätgotischen Altäre, während das ehemalige Chorbogenkreuz, jetzt über dem Eingang an der Südseite, ein beachtliches, spätgotisches Werk um 1480, erhalten blieb. Nach A. Erhard12 befand sich daran einst das Wappen des Stiftspflegers Steinhauf. Zu den Besonderheiten der Passauer Spätgotik gehören das kleine Relief der Kreuztragung Christi aus weißem Marmor, das um 1420 entstanden ist und wohl schon zur Erstausstattung der Kirche nach dem Neubau von 1422 gehört. Drei Glasgemälde St. Barbara, St. Hieronymus und St. Emmeram von 1513 sind jetzt im Oberhausmuseum verwahrt und durch Nachbildungen ersetzt.
Es sind gestiftete Bilder der Klingenschmiede. Bedeutsam sind auch die zahlreichen Grabplatten an den Wänden des Langhauses, darunter auch jene für die Stiftspfleger Wenzl Gerhardt († 1422), Melchior Perl († 1529), Hansl Geßl († 1549) und Ruprecht Schönberger († 1563). Eine kleine Glocke im Dachreiter trägt die Jahreszahl 1512. Um 1445 vermachte der Ratsbürger und Stiftspfleger Gregor Stubmer dem Heiliggeistspital das Fischrecht auf der Donau zwischen der Gaißamündung und dem "Waxenstein", einem heute nicht mehr vorhandenen Felsen in der Donau unterhalb der llzmündung. Stubmer hatte diese "Fischwaid" vom Domkapitel käuflich erworben. 1558 verpachtete sie dann der damalige Pfleger Ruprecht Schönberger an die "Fischer und Bürger zu Anger bey Passau". Sie nannten sich bald die "Heiliggeiststiftsfischer" und weil es deren zwölf waren und auch heute noch sind, hat sich für sie der Name "Apostelfischer" eingebürgert. Die Fischer mußten jeweils am Sonntag "Laetare" (4. Fastensonntag) dem Stiftspfleger die Pacht überbringen. Einen tiefen Einschnitt in den Jahrhunderte alten Besitz brachte 1922 der Verkauf des Fischrechts auf der Strecke von der Gaißamündung bis zum Kachlet an die Rhein-Main-Donau AG zum Preis von 13.000 Rentenmark, die Monate später der Inflation zum Opfer gefallen sind. Heute bilden die Apostelfischer eine Vereinigung, die mit der Heiliggeist-Stiftung einen Pachtvertrag geschlossen hat. Darin ist u.a. festgehalten, daß die Aufnahme eines neuen Mitgliedes der Zustimmung der Stiftungsverwaltung bedarf.
Neben den großen Wohltätern gab es im Laufe der Jahrhunderte auch eine stattliche Zahl von Bürgern, die durch kleinere Legate zum Unterhalt der Stiftung und zur Aufbesserung der Einkünfte der Pfründner beigetragen haben. Im Haus ist heute noch ein kunstvoll gestalteter "Almosenspiegel" erhalten; ein auf Pergament geschriebenes und von einem geschnitzten Holzrahmen mit Türen umgebenes Kalendarium, auf dem für die einzelnen Monate, Fest-und Gedenktage des Jahres die Eß-, Sach- und Geldspenden verzeichnet sind, die den Pfründnern aufgrund von Legaten jeweils verabreicht werden mußten. Gleichzeitig ist damit ein würdiges Andenken an die Wohltäter, die teilweise mit Namen genannt sind, verbunden. Weil dieser Almosenspiegel in vieler Hinsicht von Bedeutung ist, sei der Text in vollem Umfang hier abgedruckt:
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Seniorenheim der Bürgerlichen Heiliggeist-Stiftung Passau. Festschrift zur feierlichen Wiedereröffnung des Seniorenheimes nach der Sanierung am 08. Juli 1994. Bildnachweis: Stadt Passau, Abb. 1; Franz Mader, Passau, Abb. 2, 3; Herausgeber: Stadt Passau, Redaktion: Büro für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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