800 Jahre St. Johannis-Spital-Stiftung Passau. Gegenwart und Geschichte einer sozialen Einrichtung. Aus "Der Passauer Wolf" Band 15, Schriftenreihe des Stadtarchivs Passau

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Johannes der Täufer als Spitalpatron
Rainer Kolm


Die Übertragung der Paulskirche ließ sich das Domkapitel sofort von Papst Alexander III. unterm 20. April 1179 und drei Jahre darauf von Papst Lucius III. feierlich bestätigen. Seit 1179 also waren die Domkapitulare als Besitzer der St. Paulskirche für die Seelsorge in der Stadt zuständig und verantwortlich. Aus dieser Verantwortung heraus haben sie um das Jahr 1200 ihr Hospiz gestiftet. Welchen Patron sollten sie ihrem Stift geben, das sie unmittelbar unterhalb ihrer Stadtpfarrkirche erbauen ließen? Man muss nicht unbedingt das Johannitervorbild in Jerusalem bemühen, um das Johannespatronat einsichtig zu machen. Die Lage des Spitals direkt unter der St. Paulskirche hat den Wegbereiter Jesu als Spitalpatron geradezu prädestiniert.

Welch hohe Verehrung der Täufer seit jeher genoss, zeigt sich in überraschendem Maß am Figurenschmuck der St. Paulskirche. In allen Größen ist er dort abgebildet, an vier Altären ist er zu sehen.

In plastischer Darstellung bekrönt er den Heimsuchungsaitar in der südwestlichen Seitenkapelle, dessen Hauptbild die Begegnung von Maria und Elisabeth schildert, die beide gesegneten Leibes sind. Das Altarbild in der nordwestlichen Seitenkapelle veranschaulicht Jesus und Johannes als spielende Kinder zu Füßen ihrer Eltern. Am Nikolausaltar in der mittleren nördlichen Kapelle steht der Täufer in Überlebensgröße als Assistenzfigur und am Marienaltar beim Übergang ins Presbyterium befindet sich seine Gestalt inmitten der anderen männlichen Mitglieder der Heiligen Sippe. Bei dieser Überfülle ist es nur natürlich, dass der Täufer auch als Brunnenfigur im Hof von St. Johann unterhalb der St. Paulskirche steht. Denn auch als Wegweiser für Menschen am Horizont ihres Lebensweges ist Johannes hilfreich.

Anfänglich war ein Hospiz ohne Altar und damit ohne Heiligenpatron nicht denkbar. Der Altar befand sich an der Ostseite des Saales, aus dem das ganze Spital bestand, bzw. grenzte der Pfründnersaal direkt an den zentralen Cottesdienstraum an. Konkret heißt das, das Johannesspital umfasste ur-sprünglich nur die Kapelle, aus der unsere heutige Johannesspitalkirche erwachsen ist und im Westen daran angebaut war der ebenso breite Wohn-und Aufenthaltsraum, in dem die Pfründnerlnnen ihre letzten Tage in Krankheit und Gebrechlichkeit zu-brachten. Die Kapelle war ihnen Trost und bestärkende Erinnerung an die erhoffte Heimat bei Gott nach dem Ende ihrer Erdentage.

Es spricht für die edle Gesinnung der Stiftsverwaltung, dass man sich auch 800 Jahre nach der Gründung des Spitals, da sich das Gebäude und Leben darin gewandelt haben, der Geschichte und den ihr zugrunde liegenden Ideen verpflichtet weiß und auch die zu Ehren des Johannes geweihte Kirche, die Keimzelle des Stiftes, hegt und pflegt.

Rainer Kolm




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Passau um 1890. Im Vordergrund die "Max-Brücke"
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Johannes der Täufer. Figur aus dem rechten Seitenflügel des Hochaltares in St. Johann Brunnenfigur "Johannes der Täufer" von Karl Reidl





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Literaturangaben; Schriftenreihe des Stadtarchivs Passau "Der Passauer Wolf"; Bildnachweis: Stadtarchiv Passau, Abb. 1, Dionys Asenkerschbaumer, Passau, Abb. 2, Peter Geins, Passau, Abb. 3; Herausgegeben im Auftrag der St. Johannis-Spital-Stiftung; 2000, Stadt Passau
Unterverzeichnis:

Grußwort Dr. Franz Xaver Eder

Grußwort Willi Schmöller

Vom Spitalmeister zur
ehrenamtl. Verwaltungsrätin
Karin Trautner

Historie der
St. Johannis-Spital-Stiftung
Richard Schaffner

Das Stiftungswesen in der
Stadt Passau
Johann Hantschel
Thomas Bahle

Der forst und landwirtschaftliche
Betrieb
Reinhard Bauer

Johannes der Täufer
als Spitalpatron
Rainer Kolm

Die Orgel
Wolfgang Eisenbarth

Die Kirche St. Johann mit ihren
neugotischen Altären
Franz Mader

Ein Kirchenjahr in St. Johann
Leopold Kantner

Pflege im Wandel - vom
Mittelalter bis Heute
Dagmar Deragisch

Leben im Seniorenheim
St. Johannis-Spital-Stift
Ludwig Niederberger
Susanne Moser

Heimbewohner erzählen:
Martin Biegler u. Agnes Gugger
Dagmar Deragisch

Bestellmöglichkeit der gedruckten
Ausgabe beim Stadtarchiv Passau